Zukunftskonzepte für Ausbau und Netzintegration erneuerbarer Energien

Die Herausforderungen der erneuerbaren Energien für die Übertragungsnetzbetreiber standen im Mittelpunkt des Workshops "Zukunftskonzepte für den Ausbau und die Netzintegration erneuerbarer Energien" der Westfälischen-Wilhelms-Universität am 25. März 2010. Über 80 Fachleute diskutierten im Verwaltungsgebäude des Dortmunder Übertragungsnetzbetreibers Amprion über politische Konzepte, technische Machbarkeit und regulatorische Herausforderungen. Amprion-Geschäftsführer Dr. Hans-Jürgen Brick erläuterte die Bedeutung für das Stromnetz der Zukunft. Eingeladen hatte das Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM).

Übertragungsnetze wichtig für Integration erneuerbarer Energien

Um den Strom aus den Offshore-Windparks in der Nordsee in die Verbrauchszentren im Westen und Süden Deutschlands transportieren zu können, sind gut ausgebaute Übertragungsnetze notwendig. "Aber auch das Desertec-Projekt wird nur erfolgreich sein, wenn der in der Sahara erzeugte Strom technisch sicher in den Norden transportiert werden kann", so Brick in seiner Begrüßung. Das Stromnetz der Zukunft bestehe aus Übertragungsleitungen quer durch Europa, die den bestehenden Netzen überlagert seien. Er sieht Amprion für die künftigen Aufgaben gut gerüstet. Auch die Politik müsse der Herausforderung "Netz der Zukunft" Rechnung tragen. "Der Netzausbau muss integraler Bestandteil des nationalen Energiekonzepts sein, das von der Bundesregierung für den Herbst 2010 angekündigt ist", forderte Brick. Um das nötige Kapital in diese neue Infrastruktur zu lenken, seien aber deutliche Investitionsanreize nötig. "Die Anreizregulierung muss um diesen Punkt ergänzt werden und den wirtschaftlichen Erfordernissen Rechnung tragen", so Brick weiter. Bereits heute liege die Eigenkapitalverzinsung bei privat finanzierten Übertragungsnetzbetreibern mit großen Investitionsvolumina in Europa durchschnittlich 1,8 Prozentpunkte über dem Zinssatz in Deutschland.

Georg Wilhelm Adamowitsch, Staatssekretär a. D. und Koordinator Offshore-Windpower der EU-Kommission, stellte das politische Konzept der Europäischen Kommission zu den erneuerbaren Energien vor. Er wies darauf hin, dass neben der Integration der Seewindparks auch der geplante Kapazitätsausbau auf dem Land im Blickpunkt stehen müsse. Beides zusammen erfordere in den nächsten Jahren einen massiven Netzausbau.

"Für den Ausbau der Übertragungsnetze wird sehr viel Kapital benötigt", so der ehemalige Staatssekretär. Kapital, das nicht so ohne weiteres vorhanden ist. "Wir brauchen eine stärker kapitalmarktorientierte Regulierung", sagte Adamowitsch.

Bis zum Jahr 2020 sollen 30 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien bestehen. Die Netzbetreiber müssen neue EEG-Anlagen an das Stromnetz anzuschließen und den Strom bevorzugt abzunehmen. Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee bilden neue Großzentren der Stromproduktion. Dies gilt erst recht, wenn Zukunftsprojekte wie Desertec und Seatec verwirklicht werden. Dadurch steigt die Entfernung zwischen Erzeugungszentren und Verbrauchsschwerpunkten. Zudem schwankt die Höhe der Stromproduktion deutlich mehr. Damit sind Netzausbau und verbesserte Netzintegration dringend notwendig, um den Strom aus den neuen Produktionszentren zuverlässig zu den Lastzentren zu transportieren.

"Die internationalen Projekte Desertec und Seatec sind sehr ambitioniert. An ihrer mittelfristigen technischen Realisierbarkeit habe ich keinen Zweifel", so Professor Bernd Holznagel, Leiter des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht. Es sei aber noch nicht erkennbar, wie hierfür ein stabiler, auf Europa und Nordafrika bezogener politischer und regulatorischer Rahmen gefunden werden könne.

Die Tagung wurde vom Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster in Zusammenarbeit mit der Amprion GmbH, Dortmund, und der auf Energierecht spezialisierten Dortmunder Anwaltskanzlei Höch und Partner durchgeführt.